Recklinghausen,

Auf Spuren der Tradition der Bergleute

Glückauf! Jeder hat den Gruß der Bergleute schon einmal gehört. Aber was bedeutet er eigentlich? Und welche Geschichte steckt hinter der Heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute? Was muss eigentlich ein Mitglied der Grubenwehr tun, um seine Fitness nachzuweisen? Wie kommt die Schaufel der Bergleute zu ihrem schillernden Namen "Weiberarsch"? Diesen und anderen interessanten Aspekten der Welt der Kumpel gingen die Helferinnen und Helfer des Ortsverbandes Dortmund im Trainingsbergwerk Recklinghausen auf den Grund. Außerdem konnten sie dort ihr Geschick im Umgang mit Werkzeugen und großen Maschinen testen.
Die Dortmunder THWler am Trainingsbergwerk Recklinghausen (Foto: THW Dortmund)

Die Dortmunder THWler am Trainingsbergwerk Recklinghausen (Foto: THW Dortmund)

In früheren Zeiten war ein Großteil der Einsatzkräfte des THW in Dortmund im Bergbau tätig. Sie konnten ihr beruflich erlangtes technisches Knowhow sehr gut bei ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit gebrauchen. Dortmund ist geprägt von Kohle und Stahl, aber längst haben im Rahmen des Strukturwandels andere Wirtschaftszweige an Bedeutung gewonnen, aktiver Bergbau wird im Ruhrgebiet nicht mehr betrieben. Um den THW-Mitgliedern und den Kindern und Jugendlichen der THW-Jugend die Tradition der Bergleute näher zu bringen, organisierte unser Schirrmeister, selber lange im Bergbau tätig, eine Besichtigung des Trainingsbergwerks in Recklinghausen.

Das Trainingsbergwerk Recklinghausen befindet sich unter einer Halde auf dem Gelände der früheren Zeche Recklinghausen. Hier lernten die Auszubildenden der Ruhrkohle AG den Umgang mit den im Bergbau eingesetzten Werkzeugen und Maschinen. Die Grubenwehr übte hier das Retten verletzter oder verschütteter Kumpel. Nach dem Ende des Steinkohlebergbaus im Ruhrgebiet können nun interessierte Besucher in die Welt der Bergleute eintauchen.

67 Helferinnen und Helfer des THW Dortmund, darunter 9 Kinder und Jugendliche aus der Jugend, machten sich am Samstag auf den Weg ins Trainingsbergwerk, um genau dies zu tun. Statt jedoch mit einem Förderkorb 1000 m tief in die Erde einzufahren, schritten sie durch eine Tür - und fanden sich prompt in einer völlig anderen Welt wieder, die der unter Tage sehr nahe kommt. Ein Streckennetz von 1200 m Länge, mit Streben, Streckenvortrieb, Schacht und Übungsstrecke der Grubenwehr wartete darauf, entdeckt zu werden.

Zunächst erläuterten die vier ehrenamtlichen Führer die allgemeine Geschichte des Bergbaus im Ruhrgebiet. Anhand eines Films wurde den THWlern näher gebracht, wie ein Bergwerk aufgebaut ist und wie es funktioniert. Ein riesiger technischer Aufwand ist nötig, um die Kohlefelder zu erschließen, sichere Arbeitsbedingungen für die Kumpel zu gewährleisten und die Kohle gewinnen und abtransportieren zu können.

Im Folgenden konnten die Helferinnen und Helfer dies alles selbst sehen und vieles auch eigenhändig ausprobieren. Waren die Hauptstrecken noch hell erleuchtet und geräumig, als befände man sich in einem Straßentunnel, wurde es zunehmend dunkel, eng und laut, je mehr man sich dem Ort näherte, wo die eigentliche Gewinnung der Kohle stattfand. Immer wieder musste man schauen, wo man hintriitt. Eine immense Infrastruktur aus Maschinen, Kabelsträngen und Stempeln, die die Strecken vor dem Einsturz bewahren, forderte die ständige Konzentration. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter des Trainingsbergwerks zeigten nun sehr anschaulich, wie man Kohle gewinnt: Sie warfen Walzenschremmlader und Kohlenhobel an.

Nahezu überall unter Tage gab es die Möglichkeit, pressluftbetriebene Geräte wie einen Bohrhammer anzuschließen. Einen solchen durften die THWler gleich einmal selber in die Hand nehmen und den kräftigen Rückschlag erfahren, den er erzeugt. Anschließend kamen Freunde großer Fahrzeuge auf ihre Kosten. Um Material und in gewissem Maße auch Personen unter Tage zu transportieren, wurden "Dieselkatzen" eingesetzt, eine Art dieselbetriebene Einschienenhängebahn. Diesen konnten die THWler unter Anleitung eines Mitarbeiters des Trainingsbergwerks bewegen. Weiterhin durften sie sich an der Bedienung eines Laders ausprobieren, der dazu genutzt wird, Strecken freizuräumen, die durch die ständigen Veränderungen der "Berge" blockiert sind: So kann es durchaus sein, dass sich der Boden einer Strecke über Nacht um bis zu einem Meter hebt.

Viel Spaß hatten die Helfer anschließend beim Ausprobieren eines kleineren und muskelbetriebenen Fahrzeugs: Zu zweit legten sie abwechselnd auf dem schienengebundenen Grubenrad in Form eines Tandems eine Strecke zurück. Hinterher lauschten sie abermals den Erklärungen der Mitarbeiter des Trainingsbergwerks, welche einige kleine, aber durchdachte technische Lösungen für bergbauspezifische Probleme erläuterten:

Durch die Explosionsgefahr aufgrund der erhöhten Methankonzentration untertage kommt es immer wieder zur zwangsweisen Abschaltung der Elektrizität. Damit eine Notbeuleuchtung möglich ist, gibt es Lampen, welche über einen pressluftbetriebenen Dynamo zum Leuchten gebracht werden. Spezielle wasserbefüllte Behälter unter der Decke, die bei einer Explosion durch die Druckwelle zerbersten, sorgen dafür, dass die Brandausdehnung auf einen bestimmten Bereich begrenzt wird. Für Staunen sorgten zudem die technischen Kenndaten des Förderbandes, das auf der Zeche Prosper Haniel zum Transport der Kohle an die Erdoberfläche verwendet wurde: Es hätte der Kraft, die beim Start eines Jumbojets entsteht, dreimal standgehalten.

Weiterhin sorgte die Erkundung der Übungsstrecke der Grubenwehr für großes Interesse bei der THW-Jugend. Die Kinder und Jugendlichen konnten sich durch enge Rohre zwängen und ausprobieren, wie ein Mitglied der Grubenwehr seine Fitness unter Beweis stellt: Mittels einer Maschine, die Hammerschläge imitiert. Der Übungsparcours der Grubenwehr wird ebenso von Feuerwehr und Katastrophenschutzeinheiten verwendet.

Die ehrenamtlichen Führer des Trainingsbergwerks brachten den THW-Helferinnen und Helfern zudem die besonderen Begriffe der Bergbausprache und die Tradition der Bergleute näher. So ist beispielsweise ein "Alter Mann" eine Art aufgegebener Stollen, in dem der Abbau eingestellt wurde. Die Form der als "Weiberarsch" bezeichneten Schaufel soll laut Sage auf die Form des Gesäßes der Frau des Schmieds zurück gehen, der den Auftrag zur Herstellung einer solchen Schaufel erhalten hatte. Und was hat die Heilige Barbara mit dem Bergbau zutun? Der Legende nach floh sie, weil sie sich weigerte, ihren christlichen Glauben aufzugeben, in eine Felsspalte. Die Bergleute gedenken ihr jedes Jahr am 4. Dezember. Und woher kommt nun der Bergmannsgruß "Glückauf"? Er soll auf Bergleute aus dem Erzbergbau zurück gehen, die sich gegenseitig wünschten, eine Erzader "auf" zutun und somit zu Reichtum zu gelangen! Mit "Glückauf" grüßen sich übrigens nicht nur Bergleute, der Gruß wird ebenso beim THW verwendet.

Nach diesem ereignisreichen Tag traten die Dortmunder THWler schließlich die Heimreise an. Ein außerordentlicher Dank gilt den Mitarbeitern des Trainingsbergwerks, welche mit sehr viel Leidenschaft die Welt der Kumpel erklärten und zudem an unseren Schirrmeister, der die Organisation dieses Ausflugs übernommen hat.


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